Mader : Fakten - Fälle - Fotos®
Onlineinhalte zum Buch

Zurück zum Inhaltsverzeichnis

3.11.5 Nagelveränderungen

Zusatzinfo

Wissenswertes

Nagelfehlbildungen und Nagelwachstumsstörungen können zu verkürzten, verdickten, krümeligen, verfärbten, verformten oder unregelmäßig gestalteten Nägeln führen. Gemeinsam ist allen Wachstumsstörungen, dass die Matrix ungenügendes Nagelmaterial produziert. Dies kann aufgrund einer angeborenen Fehlbildung oder durch lokale bzw. systemische Schädigung der Matrix zustande kommen. Kleine isolierte weiße Fleckchen sind bedeutungslos und in der Regel nicht mit Mangelerscheinungen oder inneren Erkrankungen assoziiert. Die einzig sinnvollen Maßnahmen bei Wachstumsstörungen sind die Entfernung überschüssigen Nagelmaterials sowie die Vermeidung mechanischer Traumata und chemischer Noxen (Smolle u. Mader 2005).

Künstliche Fingernägel sind stärker als natürliche Fingernägel mit Bakterien (vo allem gramneg. Stäbchen) und Pilzen (vor allem Candida spp.) besiedelt (Wollina et al. 2016).


Onychomykose

Wissenswertes

Eintrittspforte für die Erreger sind Schäden am Nagel (z. B. Traumen durch schlechtes Schuhwerk oder Sport, Manikürverletzungen, ständige Arbeit in feuchtem Milieu, schlechte periphere Durchblutung). Nach lange bestehender Epidermomykose kann zusätzlich eine Onychomykose auftreten. Die Onychomykose ist eine typische Erkrankung des mittleren und höheren Lebensalters. Der Befund ist mit graugelber Verfärbung, Verdickung und Auflockerung der Nagelplatte an mehreren Zehen, seltener an den Fingern, nicht zu übersehen.

Materialgewinnung zur Pilzkultur

Nach Desinfektion des befallenen Nagels mit 70-prozentigem Alkohol kann das Untersuchungsmaterial für den Erregernachweis gewonnen werden. Dazu wird der Nagel möglichst weit zurückgeschnitten. An der Grenze zwischen mykotischer Veränderung und gesunder Nagelplatte lassen sich meist lebende Pilze sicherstellen. Mit einem Raspatorium werden Spänchen aus der untersten Nagelschicht geschabt und in ein entsprechendes Transportgefäß gebracht. Die kulturelle Anzüchtung dauert in der Regel 2-4 Wochen.


Therapie der Onychomykose

Die antimykotische Therapie ist nur dann erfolgversprechend, wenn der Nagel noch wächst, weil der Wirkstoff in die wachsende Nagelplatte eingelagert werden muss. Gibt ein Patient an, dass der betroffene Nagel nie geschnitten werden muss, dann ist auch eine antimykotische Therapie wirkungslos.


Keratolyse kranker Nagelteile

mit Harnstoffsalbe (Rp. Urea pura 40,0 – Vasel. alb. 55,0 – Cera alba 5,0 unter nächtlichem Okklusionsverband für 2–3 Wochen).


Lokaltherapie

z. B. antimykotischer Nagellack (z. B. Loceryl); systemisch, z. B. Sempera, Lamisil (Terbinafin) über Wochen und Monate. Allgemeine Behandlungsmaßnahmen: Zurückfeilen verdorbener Nagelteile, Einstellen des Rauchens (schlecht durchblutete Akren!). Cave: Nagelextraktion ohne gleichzeitige konsequente Lokaltherapie schützt nicht vor dem Rezidivbefall!


Systemische Therapie

Wirkstoffe: Terbinafin, Itraconazol und Fluconazol sind für die Nagelpilzbehandlung zugelassen, wobei Terbinafin die stärkste und Fluconazol die schwächste Wirkung aufweist. Neben der leitliniengestützten kontinuierlichen Einnahme haben sich in den letzten Jahren individualisierte Intervall-Behandlungsprotokolle bewährt. Behandelt wird bis zum vollständigen Heranwachsen der befallenen Nagelanteile. Realistisch ergibt sich daraus bei Terbinafin eine Therapiedauer von 6 Monaten bei Finger- und 12 Monaten bei Zehennägeln.


Interdigitalmykose

Begünstigende Faktoren (z. B. feuchtwarmes Milieu, Gummischuhe und synthetische Strümpfe, zu enge Schuhe). Allgemeine Maßnahmen: Baumwollstrümpfe, lockere Lederschuhe, gründliches Abtrocknen zwischen den Zehen, Einpudern, Spreizung des 4. Zehenzwischenraumes durch Wattebausch, Barfußlaufen. Lokaltherapie: desinfizierende oder gerbende Bäder, Antimykotika.


Subunguales Melanom 

Eine frühzeitige Nagelbiopsie erlaubt eine sichere Differenzierung zwischen einer longitudinalen Melanonychie und einem subungualem Melanom.



CME-Beitrag Nagelerkrankungen

https://www.aerzteblatt.de/pdf/113/29/m509.pdf?ts=14.07.2016+15%3A07%3A39


Fallbeispiel

Kasuistik 3.11.5-1: „Diesen Nagelpilz muss unsere Kleine noch im Krankenhaus bekommen haben!“

Besorgt und entrüstet zeigen die Eltern auf die Großzehennägel ihres 2-monatigen Säuglings: Anstelle einer schönen, kleinen, zierlichen Nagelplatte findet sich lediglich kümmerliches, krümeliges Material. Dringend verlangen die Eltern eine wirksame Pilzbehandlung.

Angesichts des Wissens, dass Onychomykosen bei Kindern extrem selten sind, klassifizieren Sie als Nagelwachstumsstörung. Nachdem die übrigen Nägel normal ausgebildet sind und Haare altersentsprechend vorhanden sind, das Kind darüber hinaus normal entwickelt ist, entschließen Sie sich zum abwartenden Offenlassen.

(Quelle: Smolle u. Mader 2005)

Stichwörter: Großzehennageldystrophie der Kinder

Kasuistik 3.11.5-2: „Ich habe schon so viele Salben geschmiert, aber der Pilz geht einfach nicht weg!“

Mehrere Zehennägel des 73-jährigen Patienten sind verdickt, aufgelockert und graugelb verfärbt. Weiters findet man interdigital Rhagaden und Mazeration. Es liegt das Bild einer Onychomykose der Zehennägel mit Tinea pedum vor.

Aufgrund des starken persönlichen Therapiewunsches des Patienten veranlassen Sie einen Pilznachweis, verordnen eine antimykotische Pulstherapie und vereinbaren Kontrollen von Blutbild und Leberfunktion.

(Quelle: Smolle u. Mader 2005)

Stichwörter: Onychomykose – Tinea pedum

Kommentar:

Bei einer Onychomykose ist die topische Therapie unwirksam. Eine orale Therapie ist aber nur bei entsprechendem Therapiewunsch des Patienten angezeigt.

Zurück zum Inhaltsverzeichnis

Copyright 2014-2024 • Prof. Dr. med. Frank H. Mader