1.3.1 Klinik und Praxis
Zusatzinfo
Klinik
Das Wort "Klinik" basiert auf dem altgriechischen Wort "kline" und bedeutet "Bett". Als pars pro toto wird damit jene Einrichtung bezeichnet, auf die der Kranke "herabgebeugt" wird, aber auch auf die sich seine Helfer "herabneigen". Der Kliniker F.Hartmann weist auf die innere Spannung dieser Situation hin : Da liegt einer und vier stehen herum oder beugen sich über ihn. Das Krankenbett im Krankenhaus hat zugleich Bergendes und Bedrohliches (Hartmann 1984).
Praxis
Das Wort leitet sich aus dem Altgriechischen von "pratto" ab ("ich handle, tue"). Als "Praktiker" ("Praktischer Arzt")wurde bis vor kurzem noch der niedergelassene Hausarzt (heute : Allgemeinarzt) bezeichnet.
Beachte:
In der Allgemeinpraxis sollte der Begriff "klinisch" (z.B."klinische Untersuchung") möglichst vermieden werden, da er nicht der Funktion des Allgemeinarztes entspricht.
Problemorientiert
Problemorientierte Patienbetreuung bedeutet, eingerichtet und eingestellt zu sein auf die besondere Eigenheit und die Kennzeichnung des Kranken. Der Allgemeinarzt kommt dieser Herausforderung dadurch am nächsten, dass er mit seinen Kranken die Lebenswelt teilt (Hartmann 1984). Es ist unbestritten, dass im Krankenhausbereich, insbesondere in hoch spezialisierten Universitätskliniken die höchste Kompetenz in Diagnostik und Therapie für spezielle Probleme gebündelt ist, dass aber auch hier die höchsten Kosten pro versorgtem Patienten anfallen. Dagegen verfügt der Bereich der niedergelassenen Allgemeinärzte über eine nicht minder hohe Kompetenz für die Lösung komplexer Probleme. Bezogen auf die Zahl der betreuten und versorgten Patienten fallen hier freilich die weitaus geringeren Kosten an.
Wesentliche Unterschiede zwischen Klinik und Praxis bezüglich Funktion und Vorgehen des jeweiligen Versorgungsbereiches in der Patientenbetreuung zeigt die Tabelle
Tabelle. Unterschiede Klinik / Praxis (Landolt-Theus 1994)
|
Klinik |
Praxis |
Krankengut |
vorsortiert |
unausgelesen |
Struktur |
einzelne Spezialfächer |
fächerübergreifend |
Anamnese |
komplette Anamnese |
problemorientierte Befragung („Anamnestik“) |
Körperliche, geistige, seelische Untersuchung |
kompletter Status („klinische Untersuchung“) |
gezielte Untersuchung |
Hilfsmittel |
technische Hilfsmittel |
evtl. technische Hilfsmittel |
Klassifizierung |
klinische Diagnose |
Beratungsergebnis (BE) |
Vorgehen |
Therapie |
evtl. Therapie ggf. Therapie „ohne Diagnose“ ggf. abwartendes Offenlassen |
Betreuungszeitraum |
bis zur Entlassung |
ggf. langjährig |
Auch aus der Sicht des Patienten bestehen Deutliche Unterschiede zwischen stationärer und ambulanter Versorgung. (Tabelle)
Tabelle. Unterschiede aus der Sicht des Patienten zwischen stationärer und ambulanter Versorgung (Mader 2000b)
Stationäre Versorgung |
Ambulante Versorgung |
Versorgung von überwiegend schweren akuten oder lebensbedrohlichen Krankheiten |
Versorgung von überwiegend leichten oder chronisch verlaufenden Erkrankungen und Krankheiten. Präventive Maßnahmen |
Weitgehend keine freie Wahl des Krankenhauses und des behandelnden Arztes |
Freie Wahl der Praxis und des behandelnden Arztes |
Versorgung durch mehrere, schichtweise arbeitende Ärzte |
Versorgung meist durch denselben einen Arzt |
Meist „fremde“ Ärzte |
Hausarzt und Patient leben in der Regel im selben „Soziotop“ |
Eher kurzfristige, zeitlich absehbare Verweildauer |
Langzeitgerichtete, manchmal lebenslange hausärztliche Betreuung |
Überwiegende Immobilität im Bett |
Überwiegende Bewegungsfreiheit außerhalb des Bettes |